Abenteuer Russland

Mein FSJ in Moskau -August 2008 bis Juli 2009-

Wer mit dem Feuer spielt…

Seit dem Prometheus den Menschen das Feuer brachte, nutzen diese jenes als Wärme- und Lichtquelle. Inzwischen sieht man offenes Feuer eher selten. In Moskau scheint es sowieso nur noch beim Anzünden der Zigarette gebraucht zu werden. Gequalmt wird dafür aber umso mehr und ohne Rücksicht auf Kinder und Nichtraucher. So gönnen sich Bus- und Marshrutkafahrer auch am Steuer eine Zigarette, wobei sie zumindest versuchen den Rauch aus dem Fenster zu pusten (was nur sehr unvollständig gelingt). Aber, was zählt ist doch der Versuch…oder?

Offenes Feuer sieht man jedoch, des Frühlings wegen, immer wieder auf den Feldern. Diese werden hier nämlich nach dem Winter einfach mal angezündet, damit trockenes Gras und Gestrüpp abbrennt und der Boden mit nährstoffhaltiger Asche versorgt wird. Diese Flächenbrände sind aus dem Zugfenster hübsch anzusehen, stinken aber ziemlich und tragen ganz bestimmt nicht zum Schutze der Umwelt bei. Auf die Frage der Umweltverschmutzung angesprochen, reagieren die meisten Russen eher etwas unverständlich und behaupten, dass das Flächenbrennen auf den Feldern ein Teil des Naturkreislaufs sei. Na ein Glück, dass der Mensch diesem „natürlichen Prozess“ zu jeder Zeit tatkräftig unterstützt und vorwärtstreibt.

Damit wären die ersten, eher harmlosen Feuerspielchen beschrieben. Leider muss ich jetzt einige etwas ernstere Feuerpunkte ansprechen. Im Oktober vergangen Jahres, bei einem Ausflug in den 20 000 Seelen Ort Osery, unweit von Moskau, wurde mir von einer Babushka folgende Geschichte erzählt als ich mit ihr an einem verkohlten und verlassenen Holzhaus vorbeschlenderte (ich versuche wörtlich wiederzugeben) : „Ja, die Hütte ist vor drei Wochen abgebrannt, nachts…die war aber schon vorher verlassen. Da hatten sich’s ’nen paar Obdachlose gemütlich gemacht. Die haben ein Feuerchen gemacht und ein bisschen Vodka getrunken…na ja, und wie das nun mal so ist, haben die nicht aufgepasst und die Hütte ist abgebrannt. Raus haben die’s nicht mehr geschafft, dafür waren sie zu besoffen.“ Nach diesen Worten saß mir ein dicker Kloß im Hals, was nicht nur an dem schweren Inhalt der Worte, sondern vielmehr an der Leichtigkeit lag, mit denen die alte Dame diese aussprach.

Vor zwei Wochen ist der Dönerstand an meiner Elektritshka Station abgebrannt. Döner heißt hier übrigens Schaurma und ist leider nicht so lecker wie in Deutschland, deshalb betrifft mich dieser Brand auch noch nicht einmal indirekt, da ich den Schaurma nicht esse, dem übrigens nachgesagt wird, er enthalte Fleisch wilder Moskauer Katzen und Hunde. Aber nicht nur Häuser brennen, sondern auch z. B. Autos. Ich befand mich Anfang April in Vykhino, einem eher niederklassigen Stadtteil Moskaus und sah schon aus Ferne schwarzen Rauch. Sensationslustig gesellte ich mich zu den Schaulustigen und sah einen Lada aus dem meterhohe Stichflammen schlugen. Die Feuerwehr kam, das Auto wurde abgespritzt und die Situation war bereinigt. Der Alltag konnte wie gewohnt fortgesetzt werden. Ein paar Tage später musste ich ein paar Dokumente in ein Amt bringen. Ich musste einen Moment warten und konnte dadurch ein Gespräch zweier Sekretärinnen belauschen. Vor wenigen Tagen hatte es im Amt gebrannt, weil in der zweiten Etage ein älterer Herr unter Alkoholeinfluss mit Zigarette in der Hand auf seinem Sofa eingeschlafen war. Folglich musste die Feuerwehr vorbeischauen und das Haus besprenkeln. Das führte dazu, dass sich in der ersten Etage (in der sich das Amt befand) Wasserflecken an der Decke bildeten und sich das Linoleum an einigen Stellen um ein paar Zentimeter anhob (genau darüber schimpften die beiden Damen ganz besonders).

Diesen Artikel zu schreiben veranlasste mich aber ein Brand, der nur zwei Tage zurückliegt. Ein dreigeschossiges Haus, welches sich nur wenige Schritte von meiner Wohnung entfernt liegt wurde Opfer einer kaputten Fernsehlampe. In dem Gebäude befand sich zu meinem Unglück mein Lieblingsladen. Dort habe ich immer sehr leckere frische (fast echt französische) Baguetten gekauft. Außerdem schmerzte mir der Anblick der Verkäuferin, die gerade dabei war, neben verkohlten Holzbalken, auch Lebensmittel aus dem abgebrannten Gebäude zu schaffen. Als ich mein Mitgefühl ausdrückte und meine Hilfe anbot sagte sie: „Da kann man nix machen, takoj byvaet.“ Byvaet heißt übrigens soviel wie „passiert“ oder „kommt vor“ und ist eines der Lieblingswörter der Russen.

brennendes-auto-vykhino-1

Der oben benannte Lada wird gerade abgespritzt

abgebranntes-haus-2

Meinem Lieblings-Baguette-Laden fehlt das Dach

19. April, 2009 - Posted by | Uncategorized

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